Stehen auch während der Corona-Pandemie den Flüchtlingen bei (von links): Manfred Kiewald, Simone Pestre und Astrid Sterzel vom Psychosozialen Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge.

Pro-Asyl will helfen, sofort

Schwarzwälder Bote, 23.06.2020 Text und Foto Birgit Heinig

Ohne eine Corona-Unter­brechung haben sich die Mitarbeiter von Refugio, dem Psychosozialen Zentrum für traumatisierte Flüchtlinge, in den vergangenen Monaten um ihre Klienten gekümmert – wenngleich unter erschwerten Bedingungen.

Die Räume in der Schwedendammstraße in Villingen erwiesen sich recht schnell als zu klein für Therapiegespräche mit Sicherheitsabstand. Geschäftsführerin Astrid ­Sterzel ging ins Homeoffice und machte damit Platz, und auch der Nachbar im Haus, das Sozialwerk "Kontakt e.V.", stellte Räume zur Verfügung. Gleichwohl mussten Veronika Herz und Simone Pestre mit ihrer sozialpädagogischen Arbeit und der Psychologe und Physiotherapeut Manfred Kiewald bei seinen Therapiegesprächen viele Ideen entwickeln, um die Sicherheitsmaßnahmen einzuhalten.

Inzwischen sei es zwar etwas leichter geworden, von einem Normalbetrieb könne jedoch noch keine Rede sein, sagt Veronika Herz. Besonders schwierig gestalten sich die Gespräche mit traumatisierten Jugendlichen, an denen neben den Refugio-Mitarbeitern und dem betroffenen Jugendlichen zumeist auch noch Erzieher, ein Dolmetscher und Vertreter des Sozialamtes teilnehmen. Manchmal werde der Dolmetscher daher per Telefon hinzugeschaltet, erzählt Manfred Kiewald.

Je nach medialer Ausstattung der Klienten finden in Ausnahmefällen auch Gespräche per Video statt, oft aber auch nur telefonisch. Ohne die Mimik und Gestik des Gegenübers zu sehen, seien stützende Worte auf diese Weise nur schwer zu formulieren, weiß der Therapeut. Fernmündlich fehle es für die traumatisierten Patienten zumeist auch an einem während des Telefonates geschützten Raum. In der Gemeinschaftsunterkunft gibt es keine Rückzugsmöglichkeiten. Dennoch können solche Telefonate mehr als zwei Stunden dauern.

Innerfamiliärer Stress in den Zeiten des engen Lockdowns, die Angst der Flüchtlinge vor einer Erkrankung und die Sorge um die Gesundheit von Angehörigen in den Heimatländern haben hier und da sogar zu Krisen der Betroffenen geführt und damit überhaupt erst eine Therapie nötig gemacht. Schwierig ist der Kontakt zu Refugio vor allem für Familien, denn eine das Beratungs- oder Therapiegespräch begleitende Kinderbetreuung vor Ort sei derzeit nicht leistbar.

Zudem hat das halbe Dutzend Ehrenamtliche, das sich um Nachhilfe, Freizeitaktivitäten oder Behördengänge kümmert, die Arbeit noch nicht wieder aufgenommen.

Der Bedarf an Betreuung durch Refugio ist trotz Corona also nicht kleiner geworden. Die vor der Pandemie begonnene Suche nach einer weiteren Physiotherapiefachkraft werde man dennoch erst im Herbst wieder fortsetzen können, sagt Astrid Sterzel und ist dankbar, dass Manfred Kiewald seinen Arbeitsumfang aufgestockt hat.

Erfreuliches tut sich dagegen in Sachen Finanzen. Das Land hat seinen Jahreszuschuss auf 209 000 Euro erhöht, und auch die EU hat für 2020 Gelder zugesagt. An einem Dauerproblem hat sich für Refugio allerdings nichts geändert: Die Förderung fließe in der Regel rückwirkend, ein Betrag von rund 100 000 Euro müsse auch in diesem Jahr wieder vorfinanziert werden. "Und auch dafür brauchen wir Spenden", sagt die Geschäftsführerin.